2019

SCHREIBKICK: Essen und Gerüche

Beitrag zum „The Tempest“-Newsletter 03/2019

Um sich in Stimmung zu versetzen, eine richtige Szenerie zu entwickeln, sind Essen und typische Gerüche des Setting-Landes hilfreich. Dazu kann man natürlich erst mal in die Küche gehen und schnuppern. Wie riecht es auf dem orientalischen Markt, wenn die Sonne brennt und man vor den Schalen mit Paprika, Kumin und Kümmel steht? Wie riecht frisch gemahlener Pfeffer, und ab wann muss man davon niesen? Welche Bedingungen brauchen diese Gewürze, um zu wachsen, also wie muss es in dem Land aussehen?

Sofern man die Möglichkeiten der eigenen Küche ausgeschöpft hat, kann man ins Restaurant gehen. Nehmen wir asiatisches Essen: Reis. Reisfelder sehen in der Landschaft ganz anders aus als Weizenfelder. Wie hört es sich an, wenn man durch ein Reisfeld läuft? Es raschelt nicht – weniger Grusel –, es platscht viel mehr – mehr Ekel, wenn der Held beispielsweise auf der Flucht ist.

SCHREIBKICK: Weltenbau

Beitrag zum „The Tempest“-Newsletter 08/2019

Wenn man Welten erfindet, sollten diese umfassend konzipiert sein, damit der Leser richtig eintauchen kann. In der realen Welt bekommt man dazu alle Mittel an die Hand, in allen anderen Universen muss man das selbst machen. Dazu gehört es nicht nur, eine Karte zu zeichnen, auf der man wild mit Bergen, Wäldern und Gewässern um sich wirft.

Selbst wenn man nicht alle Fakten tatsächlich ins Buch schreibt, ist es doch sinnvoll, sie zu wissen, da man sich so natürlicher in seiner eigenen Fiktion bewegen kann. Einen praktischen Leitfaden zum Weltenbau liefert die Internetseite www.weltenbau-wissen.de. Dort kann man sich zunächst einen praktischen Leitfaden mit 84 Fragen zu den Themen Kosmologie und Metaphysik, Geographie und Klima, Ökologie und Biologie, Kulturen und Geschichte, Gesellschaft und Religion sowie Technologie und Magie herunterladen. Hat man die zugehörigen Antworten für seine Welt konzipiert, ist ein erster großer Schritt zu einer umfassenden Fiktion getan.

Auf der Seite wird zudem thematisiert, wie viel Weltenbau nötig ist, welche Grundprinzipien man beachten sollte und welche weiterführenden Links oder Blogseiten es gibt.

NACHTRAG zu 08/2019 (aus meiner persönlichen Erfahrung): Die Welt-Datei zu meinem aktuellen persönlichen Projekt beträgt momentan 27 Seiten und beinhaltet z.B., welche Währung die Leute haben und was auf Kupfer-, Silber- und Goldmünzen der verschiedenen Länder geprägt ist; welche Rituale sie bei welchen Feierlichkeiten haben und wie und warum diese durchgeführt werden; wie Ortschaften im Land und im Nachbarland heißen; welcher Gott für was zuständig ist; welches Ungeheuer welche Körperteile frisst … Und so weiter und so fort.

Macht mir persönlich total Spaß, mich manchmal in solchen Fabulierungen zu verlieren. Und wenn ich sie dann im Roman mal brauche, muss ich meinen Schreibfluss nicht unterbrechen mit langwierigen Überlegungen, welches Spiel sie spielen, wie viel sie für die Getränke in der Bar bezahlen oder wo irgendeine Figur herkommt – ich schaue es schnell nach und weiter geht’s.

SCHREIBKICK: Ortsnamen in Phantastik

Beitrag zum „The Tempest“-Newsletter 10/2019

Um Ortsnamen zu erfinden, kann man sich von der Realität inspirieren lassen. Da gibt es einerseits Städte, die einfach Verben sind. Singen, Essen, Siegen … Warum nicht Laufen, Saufen und Galopp?

Dann kann man Komposita entwickeln: Geht es um Menschen, Trolle oder Zwerge, die mit Gestein assoziiert werden, eignen sich Ortsnamen mit -burg oder -berg, -fels, -stein oder -brocken, wenn man es ein wenig lustig haben will. Geht es eher um blumige Elfenvölker, bieten sich Namen an mit -wald, -feld, -gras oder, sofern sie winzig sind, vielleicht auch -stängel, -zweig oder -blatt. Natürlich sollte man diese Zuordnungen umkehren, wenn es um kriegerische Dunkelelfenvölker oder Kieseltrolle geht.

Andere Möglichkeiten wären beispielsweise Metalle für Zwergen- und Roboterstädte oder -wind für Vogelvölker und andere Freigeister.

Eine dritte Variante ist, sich die anatomischen und sprachlichen Möglichkeiten des fantastischen Volks zu überlegen und danach auszuwählen. Als plakatives Beispiel könnten die Städte eines Schlangenvolks besonders viele Zischlaute enthalten.

Und dazu der SCHREIBKICK: Hilfe beim Setting

Klänge: In einem anderen Kick sprach ich von Bildern, die man sich anschauen kann, um in Stimmung zu kommen (zum Beispiel Schneebilder, wenn man im Hochsommer eine Winterszene schreiben soll).

Filmsounds liefern auch eine gute Inspiration. Schreibt man eine Schlachtszene, kann man sich auf Youtube eine Playlist mit entsprechenden Szenen zusammenstellen, so dass Waffengeklirr, Schreie, Pferde etc. einen passablen akustischen Hintergrund liefern. Sehr einfach funktioniert das natürlich auch für Geschichten auf dem Meer – spätestens seit Fluch der Karibik gibt es eine große Klangpalette für Wasser, Schiffsknarren und dergleichen.

Musik kann generell helfen – ich schreibe zum Beispiel besser piratig und schiffig, wenn ich dazu schunkelnde Piratenmusik höre oder auch meditatives Wellenrauschen oder Plätschern. Und besonders dschungelig wird es mit Urwaldgeräuschen.

Schafft man sich so ein akustisches Setting, fällt das Denken in die entsprechenden Richtungen oftmals leichter. Wenn man hingegen erst gedanklich den Baulärm vor dem Fenster ausschalten muss, wie soll man da das schneeige Knirschen hören, wenn die Protagonisten durch die Winterlandschaft stapfen?

SCHREIBKICK: Dinge mit anderen Sinnen wahrnehmen 

Beitrag zum „The Tempest“-Newsletter 10/2019

Wie hört es sich an, wenn das Mordopfer den Einbrecher durch die Wohnung schleichen hört? Wie fühlt sich die kühle Brise an, die dem Fallschirmspringer ins Gesicht schlägt? Sofern man selbst keine wagemutigen Dinge unternehmen möchte oder immer Statisten zur Hand hat, muss man all seine Sinne nutzen. Dazu kann man einen Sinn ausklammern und versuchen, die Umwelt nur mit den anderen wahrzunehmen.

Am einfachsten ist es, das Optische auszublenden: Wenn man ein Geräusch hört, einfach mal nicht umdrehen, sondern überlegen. (Tipp: Geht besonders gut mit Geräuschen, die Haustiere verursachen, Geräuschen im Café oder Wartezimmern.) Das Haptische kann man mit Handschuhen umgehen, wobei man sich dann auf Form, Gewicht oder Ausmaß des Berührungsobjekts konzentrieren kann. Wäscheklammern helfen gegen den Geruchssinn und Ohrenstöpsel oder laute Musik auf den Ohren gegen das Hören der tatsächlichen Umgebungsgeräusche.

NACHTRAG zu 10/2019 (aus meiner persönlichen Erfahrung): Hat man gerade keinen Wüstenwind zur Hand, tut es auch der Fön. Hat man gerade keine Arktis zur Hand, dann stecke man doch einfach mal die Hand ein paar Minuten in den Tiefkühlspinat (für gesundheitliche Schäden haftet jeder selbst). Eiskalt duschen hilft da vielleicht auch, für die Nicht-Memmen unter uns …